Schwäbisch isch ein b’sonderer Bäpp

Posted in Presse on Feb 1, 2012

Mannes Sangesmannen zeigen in der Mühle Oberteuringen eine bislang unerreichte Nähe zum Publikum

Der Kitt der schwäbischen Herkunft bäppt die Sangesmannen zusammen.
Rauscher
Mannes Sangesmannen haben an Statur gewonnen. Nein, dick geworden sind sie nicht, sondern weiterentwickelt haben sie sich – und das mit einem Programm, das nicht einmal neu ist. Beim ausverkauften Auftritt in der Mühle Oberteuringen zeigt insbesondere Frontmann Johannes, dass er es besser denn je versteht, spontan mit dem Publikum zu spielen. Spielen ist vielleicht nicht das rechte Wort: Mit altem Volksschullehrer-Charme, der das Stimmband wie eine Rute knallen lässt, nimmt er die Leute ins Kreuzverhör. Er entlarvt Hiesige als Zugezogene, erfragt Details bis hin zur Bettwäsche und begibt sich in heitere Wortgefechte. Dabei entsteht ein Klima, in dem das Schwabentum nicht einseitig doziert wird – was den Schwaben ausmacht, wird ganz praktisch hergestellt, zwischen Bühne und Parkett. Indem das Schwabenklischee nicht vorgebetet wird, wird es plötzlich richtig und man fühlt sich ertappt. Etwa von dem, was Schwaben unter Ausschlafen verstehen: Man steht samstags erst um Viertel nach Sechse auf. Man kennt auch die hohe blickdichte Hecke zum Nachbarn rüber; und wer sie nicht hat, der wünscht sie sich. Wer hat nicht selbst schon die Schnecken im Beet mit dem langen Messer „gmetzget“? Und den aufgehobenen Kruscht unterm Dach kennt auch jeder: Zeug, das man „eventuell no braucht kennt“ – und wenn man’s dann sucht „vor lauter Kruscht nix fend“.
Mannes Sangesmannen treiben aber nicht nur Unfug. Sie singen neu betextete Madrigalmelodien und retten damit den Reichtum schwäbischer Blumennamen vor dem Vergessen. Das dreistimmige Sextett aus Bad Wurzach knöpft sich auch die Nahrungs-Schund-Industrie vor: Ruckzuck wird aus Mischmasch Maultasch. Kein Wunder, dass Florian, neben Johannes der zweite Tausendsassa, von üblen Winden geplagt wird: „I verkrampf – jetzt bloß koin Dampf“, singt er gequetscht. Oder tönt da das zusammengekniffene Hinterteil?
Man merkt: Mannes Sangesmannen entlarven sich gern auch selbst. Zum Beispiel beim Gespräch mit dem 16-Jährigen Tobias aus Tettnang, Lieblingsfach Informatik – eine Disziplin, bei der man zur Schulzeit der Sangesmannen noch „Lochkarta gschtocha“ hat. Wenigstens war das noch was Handfestes!
Zurück nach „Zwuza“ werden die sechs Burschen nach diesem handfesten Auftritt wohl nicht gehen: Sie sind mittlerweile in alle Winde verstreut. Gut, dass es den Kitt der schwäbischen Herkunft gibt, der sie immer wieder „zamma bäppt“.

Südkurier, 31.01.2012