„Reigschmeggde“ erhalten Sprachkurs auf der Bühne

Posted in Presse on Sep 20, 2005

FRIEDRICHSHAFEN – Sie können alles – außer Hochdeutsch, die Jungs von der Boygroup der besonderen Art, den Mannes Sangesmannen. Original „Wuzaner“ sind die sechs großartigen A-Capella-Sänger und Schauspieler, die am Samstag im Theater Atrium im culturhaus caserne das Publikum mitrissen und auf der Bühne sogar einen „Butzagäge“ hinlegten.

Von unserer Mitarbeiterin Stefanie Wex

Oberschwäbischer Patriotismus pur bestimmt das Programm; gleich bei der Eröffnung des dreistündigen Programms gibt Johannes Ott das Motto vor: „Es ist wie in der Gastronomie: Oberschwaben sind die Oberkellner, die Unterländer sind die Auszubildenden und der Badenser macht das Küchenpersonal.“ Die eigens aus Markdorf in die caserne geeilten Besucher protestieren natürlich lautstark. Überhaupt werden alle Besucher, die sich dicht im Theater Atrium drängen, am Ende dieses Abend unheimlich viel über ihren Platznachbarn wissen: Wo er herkommt, ob er katholisch ist, was für ein Haustier daheim auf ihn wartet und ob er ein Instrument spielt. Immer wieder binden die Mannes Sangesmannen nämlich ihre Gäste in das Programm ein und geben dem gesamten Zuschauerraum die Gelegenheit, beim „Muschdrländle“-Abend selbst eine Rolle zu übernehmen.

Vor allem Johannes Ott, ein Vollblutkomödiant mit hinreißender Gestik und Mimik, fressen die Zuschauer schon nach kurzer Zeit sozusagen aus der Hand. Bei jedem Gag spielt das Publikum voll mit, witzige Dialoge werden zum Selbstläufer. Am besten sind die Comedians aus „Wuza“, wenn sie ihre witzigen Songs präsentieren. Geschliffene Texte mit Tiefgang und Sprachwitz lösen dabei hin und wieder recht derbe Brüller ab. Wenn die zehn Schwaben etwa in Manier der „zehn kleinen Negerlein“ an den Bodensee ausziehen, um endlich einmal ihr Trinkwasser zu besichtigen, tobt der Saal. Köstlich auch der Klassiker im Sangesmannen-Repertoire, das „Sonnentau-Lied“, bei dem die sechs Jungs mit Teesieben auf den Augen die „Fluige“ imitieren, die von der fleischfressenden Pflanze verspeist werden.

Zwischen den Songs immer wieder Sprachkurs für „Reigschmeggde“. „Oberschwaben sucht den Superpreußen“, ist angesagt und Barbara aus Buxtehude gewinnt diesen Preis. Es ist aber auch schwer: „Bäradregg bäbbat am Babba seim Babbadeckl“ – wer ist dieser Geheimnisse des Oberschwäbischen schon mächtig. Manche Gäste bräuchten einen Dolmetscher, um zu verstehen, was der „Bachel“, das „Bimberle“, die „Blärhäge“ oder der „Bohle“ ist.

Der gemeine Häfler „isch oiga“

Spaß macht der Klang-Klamauk trotzdem allen – ob Schwabe oder Preuße, Lachtränen fließen und am Ende tut das Zwerchfell ganz schön weh. Dass die Metzlsupp („Mei Sau hoißt Rosa“) die größte schwäbische Erfindung neben Spätzlebrett und Moschtfässle ist, erfährt das Publikum genauso, wie dass der gemeine Häfler „oiga“ ist und eigentlich keiner seinen „Bua“ auf den Namen Fridolin taufen will.

Singen können die smarten Jungs, die mit Frack und Fliege sicherlich die Lieblinge aller oberschwäbischen Schwiegermütter sein könnten, dass es eine wahre Freude ist: „Jingle Bells“ wird zum „Kebap-Lied“ und bei der Hyme „Da doba im Oberland“ bleibt buchstäblich kein Auge trocken.

Running-Gag des Abends ist der Schlagabtausch mit einem französischem Gast, der am Ende des Abends besser schwäbisch schwätzt als einige „Aborigines“. Auch nach drei Stunden hat das Theater Atrium noch nicht genug und erklatscht frenetisch drei Zugaben.

(SZ, 20. September 2005)