„Mannes Sangesmannen“ bieten oberschwäbische Mundartartistik

Posted in Presse on Mrz 15, 2005

KRESSBRONN (aho) Eineinhalb Jahre hat Kressbronn warten müssen, bis „Mannes Sangesmannen“ in ihrem Terminkalender Zeit für ein Konzert fanden. Und dann waren die Karten im Vorverkauf innerhalb weniger Tagen ausverkauft. Wer jetzt die oberschwäbische A-capella-Boygroup im Rathausfoyer gehört hat, wird’s verstehen.

Vor einem guten Monat wurde bekannt, dass der Kleinkunstpreis Baden-Württemberg 2005 neben zwei anderen Künstlergruppen an „Mannes Sangesmannen“ verliehen wird. Diese Ehrung dürfte für die Karriere der sieben Mundart-Sänger aus Bad Wurzach oder „Wuza“, wie sie selbst sagen, ein vorläufiger Höhepunkt sein. Zu Beginn ihres Auftritts am Freitag in Kressbronn steigen die Sangesmannen aus dem Aufzug, bepackt mit Plastiktüten eines Wurzacher Modehauses, in denen sich ihr Wechseloutfit für die nächsten zwei Stunden befindet.

Vom ersten Moment an hat Moderator und Entertainer Johannes Ott die Zuschauer auf seiner Seite. „Oberschwäbische Mundartartistik“ nennen die Sänger das, was sie machen: Das sind 50 Prozent Gesang und 50 Prozent Kabarett, aber das Publikum bekommt an diesem Abend von beidem 100 Prozent. „Eigensinnig, stur wie en Bock; päpstlicher als wie der Papst – des isch en Kressbronner!“, heißt es in einem Lied. Damit ernten die Sänger großes Gelächter und viel Applaus, auch wenn „wahrscheinlich die Langenargener a bissle meh glacht hend“, wie Johannes Ott meint.

Mannes Sangesmannen nehmen die Art und Unart der Oberschwaben auf die Schippe und sind zugleich mächtig stolz auf ihr Volk. „Es schleichen sich immer mehr Anglizismen in die deutsche Sprache ein“, bemerkt Johannes Ott. „Hab ich da doch letztens wieder einen sagen gehört: ,Ladies first‘! Bei uns hoißt des immer no «Landfrau z’erscht‘!“ Und statt einer „Hockete“, wo man einander trifft, gibt’s heute nur noch Locations und Events. Deshalb darf eine Zuhörerin aus Schleswig-Holstein – „ach, aus Südschweden“, scherzt Florian Tobisch – gleich an einem oberschwäbischen Sprachkurs teilnehmen. Und weil sie sich so schwierige Wörter wie „hindrefier“ (durcheinander), „gnuila“ (knien), „gschlotza“ (lutschen) und „Epfelbutza“ (Apfelbutzen) merken kann, kriegt sie zur Belohnung einen Kuss von Gründer und Obersangesmann Manne. Er ist ein ehemaliger Lehrer der Sangesmannen und der einzige in der Truppe, der nicht erst Mitte Zwanzig ist.

Für ihre Lieder greifen die Sänger auf bekannte Melodien aus dem Pop, auf Renaissance-Madrigale und Volkslieder zurück und statten sie mit witzigen Texten aus. Die Stimmen der sieben Sänger sind gepflegt, ihr mehrstimmiger Harmoniegesang von hoher Professionalität. Bevor es demnächst „wegkeit“ werden muss, singen die Mannen noch schnell zur Melodie von „Let it be“ ein ironisches Loblied auf Baden-Württemberg und seinen „teuflischen“ Ministerpräsidenten. Im „Lied vom Reigschmeggda“ geht es um einen Zugezogenen, der von seinen neuen Nachbarn argwöhnisch beobachtet wird. „Schaffa duat der nix und sei Frau kocht aus dr Bix“ heißt es hier. „Und trotzdem wird der bald Schultes sei, ach wenn i doch au en Reigschmeggde wär!“

Charmante Sprache

Das Publikum hat sich schon längst nicht mehr unter Kontrolle, es johlt und kreischt und gehorcht den Sangesmannen aufs Wort. Diese Gruppe muss man live erlebt haben. In der Laudatio zum Kleinkunstpreis heißt es darum auch: „Mit ihren Texten machen sie Lust auf Oberschwaben und den ,Oberschwoba‘, auf die Sprache mit all ihrem Charme und deren Vielfalt.“

SZ vom 15.03.05